18. Aug. 2025

Marketing brandbuilding Marke E-Commerce

Warum eine Alufolie auf einer Dose mehr über Marken verrät als jede Purpose-Kampagne

Jasper von Bock

Der britische Verhaltensökonom Rory Sutherland erzählt eine Anekdote, die eigentlich alles sagt, was man über Markenstrategie im Jahr 2025 wissen muss. Es geht um eine simple Alufolie, die den Deckel einer Dose San Pellegrino verdeckt. Offensichtlich hygienisch motiviert. Aber genau diese kleine, scheinbar irrelevante Geste verändert alles.

Denn was passiert hier?

Diese lächerlich leichte Alufolie hat eine symbolische Kraft. Sie hebt die Dose vom banalen Industriegut zur präsentierbaren Tischnachbarin auf einer Hochzeitstafel. Man stellt keine Fanta auf ein Hochzeitsbuffet – aber eine Dose San Pellegrino schon. Warum? Wegen der Bedeutung, die durch die Geste mitschwingt.

Sutherland vermutet, dass der Finanzdirektor von San Pellegrino wahrscheinlich regelmäßig versucht hat, genau dieses Stück Aluminium zu streichen. Weil es nichts „macht“, weil es nichts „bringt“, weil es „Kosten“ verursacht. Es ist ja keine Funktionalität, kein Performance-Vorteil, kein KPI. Nur Bedeutung. Nur Marke. Nur Gefühl.

Und hier liegt der Punkt.

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Marken entstehen nicht durch Excel-Tabellen

Marken entstehen dort, wo Menschen Irrationalität erleben. Wo Dinge mehr bedeuten, als sie kosten. Wo „mehr“ nicht in Gramm, sondern in Gefühl gemessen wird. Und dieses „Mehr“ wird nicht in der Buchhaltung erfasst – sondern in Bedeutung.

Bedeutung hat keinen ROI. Bedeutung ist ein Side Effect. Sie steckt in Dingen, die irrational, übertrieben oder sogar unnötig wirken. Genau deshalb wirken sie.

Der Hochzeitsmoment mit der Dose ist kein funktionaler Triumph, sondern ein kultureller. Die Alufolie macht aus einem Getränk ein Statement. Aus einem Konsumgut ein Objekt mit Haltung. Aus „ich trinke etwas“ wird „ich trinke etwas Besonderes“.

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Meaning-Washing ist kein Ersatz für Bedeutung

In einer Zeit, in der jedes Unternehmen verzweifelt versucht, „meaningful“ zu sein – sei es durch einen tränenreichen Weihnachtsfilm, das Pflanzen von Bäumen oder durch Corporate Purpose-Statements, die meist eher wie PowerPoint-Monologe klingen – wirkt eine kleine Alufolie fast wie Punkrock.

Denn sie ist bedeutungsvoll, ohne es zu behaupten.

Markenkommunikation heute will Bedeutung erzeugen durch Narrative, Pathos und Moral. Die Frage ist aber: Wird Bedeutung erzeugt, wenn man sie offensiv kommuniziert? Oder entsteht sie gerade dort, wo sie wie ein Geschenk wirkt – beiläufig, unprätentiös, unkommerziell?

Der Unterschied ist entscheidend:

  • Die Alufolie bedeutet etwas, weil sie nicht erklären muss, was sie bedeutet.
  • Der Purpose-Spot will etwas bedeuten – und scheitert oft genau daran.

Fazit: Branding ist keine PowerPoint, es ist eine Performance

Wenn man Marken komplett in die Hände von Rationalisten legt, wird alles optimiert – außer das, was zählt. Die irrationalen, scheinbar überflüssigen Gesten. Die Dinge, die Bedeutung nicht kalkulieren, sondern erzeugen.

Die Wahrheit ist: Marken entstehen nicht aus Gründen, sondern aus Gefühlen. Aus Details, die man nicht streichen kann, ohne die ganze Inszenierung zu zerstören.

Oder wie Rory Sutherland sagen würde:

„You don’t create meaning by being efficient. You create meaning by being interesting.“

Let's talk

Marken entstehen nicht in Meetings. Sondern im Moment.

Ihr spürt, dass euer Markenauftritt mehr braucht als einen Purpose-Satz im Footer? Dass echte Wirkung dort beginnt, wo Excel endet? Dann lasst uns gemeinsam nach der Alufolie in eurer Strategie suchen – und Marken bauen, die im Kopf bleiben, nicht nur im Report.